Vorgeschichte: Selbstversuch – 4 Monate (fast) ohne Google – Teil 1
Nun sind über 7 Monate vergangen und ich bin teilweise zu Google zurückgekehrt. Warum?
Nun, während meiner Google Abstinenz musste ich mir natürlich Ersatzprodukte suchen, Programme, die die Aufgaben der nun nicht mehr genutzten Google Apps übernahmen. Da war natürlich ganz vorne weg die Frage: welche Suchmaschine nutzen? DuckDuckGo fand ich schon aufgrund des witzigen Namens und Logos sympathisch. Allerdings ist die Darstellung der Suchergebnisse recht unübersichtlich, weil hier nicht wie bei den meisten anderen Suchmaschinen mit verschiedenen Textfarben für die Überschrift, URL und Vorschau gearbeitet wird. Ich testete auch Yahoo und Bing. Die Suchergebnisse waren bei Bing meist etwas besser. Google ist aber von allen am angenehmsten zu verwenden. Die Wahl der Schriftfarben und -größen sorgt für ein schnelles Überblicken und Erfassen der Suchergebnisse. Die Anzeige des Datums erleichtert die Einordnung.
Inzwischen verwende ich häufig Startpage, eine anonymisierte Google Suchmaske. Ich bin aber oft nicht recht zufrieden mit den Suchergebnissen, habe das Gefühl, dass Google bessere, für mich passendere Ergebnisse liefert. Das ist ja laut Siva Vaidhyanathan (dem Verfasser des Buches The Googlization of Everything (And Why We Should Worry) [1]) die große Stärke von Google, und zugleich auch einer der großen Kritikpunkte Vaidhyanathans. Er ist der Meinung, dass hier eine Art Zensur durch Google stattfindet, wenn regional angepasste und somit unterschiedliche Ergebnisse angezeigt werden. Dennoch nutze ich für die Suche jetzt vermehrt wieder Google, wenn auch nicht ausschließlich.
Meine Emails habe ich zu Posteo [2] umgezogen. Die Berliner Firma bietet für kleines Geld einen Emaildienst mit Kalender- und Adressbuchfunktion (CalDAV, CardDAV). Der Umzug war dank des von Posteo angebotenen Umzugsservice einfach und schnell. Die bei Posteo liegenden Daten kann man komplett verschlüsseln lassen, Zugriff auf die Suche innerhalb des Mailpostfaches und Änderungen an Adressbucheinträgen dauern dadurch etwas länger und man darf sein Passwort nicht vergessen, weil sonst selbst Posteo die Daten nicht wiederherstellen kann. Ich bekomme jetzt hin und wieder Spam, etwas, das mir in den Jahren der Nutzung von Googlemail völlig fremd geworden war. Dennoch habe ich ein gutes Gefühl dabei und bezahle für den Service “Mailhosting” lieber mit ein paar Euro anstatt mit meinen Daten.
Ein größeres Problem war es, einen Ersatz für Google Maps zu finden, speziell für die Funktion des Navigierens. Apple Maps ist inzwischen um vieles besser geworden, vor allem für die Fußgängernavigation in Verbindung mit der Apple Watch – letztere erlaubt es einem das Smartphone in der Tasche zu belassen, anstatt während des Laufens in Smombie-Manier auf den Telefonbildschirm zu starren. Im Auto nutze ich jedoch gerne mein Android-Gerät, weil dieses sich nicht mit dem Autoradio koppelt und ich somit während einer Navigation weiter Musik oder Podcasts hören kann ohne ständige Unterbrechungen durch Navigationsansagen. Zudem ist im Auto das Mitlaufen der Uhr bei einer Navigation mit dem iPhone eher störend, und ich konnte noch nicht herausfinden, wie ich das auf die schnelle unterbinden kann. Hier habe ich verschiedene Navi-Apps ausprobiert, jedoch wird man auch hier nicht glücklich ohne eine Einbindung von Verkehrsinformationen. Kostenlose Apps bieten hier in der Regel keine Möglichkeiten, in der von mir jetzt verwendeten App Sygic [3] (vor Jahren mal für einen Auslandsurlaub gekauft) sind diese für eine jährliche Gebühr von ca. 10,- zubuchbar. Auch hier habe ich kein Problem damit, für eine Leistung einen erträglichen Betrag zu bezahlen, wenn es mir einen praktischen Nutzen bietet. Jetzt kann ich nur hoffen, dass Sygic kein Bewegungsprofil von mir erstellt und weitergibt, überprüfen kann ich das wohl kaum. Ich habe auf meinen Geräten inzwischen aber auch wieder Google Maps installiert und vergleiche derzeit die Zuverlässigkeit der Verkehrsmeldungen der verschiedenen Anbieter.
Notizen verwalte ich in der iOS App, somit habe ich auch auf meinen Macs darauf Zugriff. Die Synchronisation erfolgt ebenfalls über Posteo und nicht über iCloud, somit stehen mir zwar nicht alle Features zur Verfügung, ich vermeide aber hiermit die Daten wiederum bei einem amerikanischen Unternehmen in die Wolke zu legen – Stichwort NSA Hintertürchen. Was Google Docs angeht, für Officeanwendungen gibt es entsprechende Angebote der großen Anbieter aus Cupertino oder Redmond. Bei Apple ist natürlich wiederum die hauseigene iCloud sehr komfortabel integriert, ich nutze hierfür wiederum lieber meine Owncloud [4].
Durch die Aufgabe von Google+ habe ich Twitter wieder mehr für mich entdeckt. (Facebook ist mir häufig einfach zu trashig – ich habe aus Gründen zwar einen Account, der wird aber eher stiefmütterlich behandelt). Twitter hat sich in den Jahren meiner Nichtnutzung kaum verändert, in der Kürze liegt noch einfach ein gewisser Reiz doch steige ich immer noch nicht ganz durch bei diesem Dienst. Warum, warum nur sehe ich die ganzen privaten Unterhaltungen anderer Nutzer, wenn ich deren Timeline ansehe??? Das geht mich doch nichts an …
Meine Fotos kommen in die iCloud, als Backup zusätzlich in meine Owncloud. Für die Fotos in der Owncloud habe ich einfach noch keine gute und bequeme Methode der Verwaltung gefunden. Die Photos App auf iOS und Mac leistet hier recht gute Dienste. Apple verspricht ja, keinen Unfug mit persönlichen Daten zu treiben. Auch hier bleibt einem ja wiederum nur, auf deren Rechtschaffenheit zu hoffen. Nun soll ja mit iOS 10 eine Bildanalyse hinzu kommen, welche eine ähnliche Funktionalität wie die bei Google Photos bieten soll, wobei die Analyse angeblich auf dem Gerät anstatt der Cloud stattfinden soll.
Am wenigsten vermisste ich von Beginn an Google Now, was mich letztlich sehr wunderte. Hier hatte ich mich völlig falsch eingeschätzt.
Meine beiden Android Telefone habe ich unlängst mal neu aufgesetzt. Auf dem Galaxy Nexus, zwischenzeitlich mit einem Custom Rom auf Android 5 Basis ohne Google Apps genutzt, läuft jetzt wieder das native Android 4.3, die aktuelle Version der Google Dienste verleihen dem Gerät jedoch immer noch eine recht gute Funktionalität inklusive des Sprachassistenten und Google Now. Mein Galaxy S4 wird von einer Cyanogenmod Version angetrieben. Hier kann ich tatsächlich – im Moment noch – die Features des aktuellsten Android Systems genießen. Als Zweittelefon ist dies aber nicht immer bei mir, so dass hier zumindest kein vollständiges Bewegungsprofil für Google abfällt.
Schlussfolgerung: Ich denke, Google wird wieder mehr Einzug in meinen Alltag nehmen, wenn auch nicht in dem Maße wie zuvor. Dennoch ist es gut zu wissen, dass ich im Zweifel auch so gut wie ganz darauf verzichten kann, am wenigsten von allem jedoch auf die Suche selbst.
[1] http://www.ucpress.edu/book.php?isbn=9780520258822
[2] https://posteo.de/de
[3] http://www.sygic.com/de/gps-navigation
[4] https://owncloud.org
Pingback: Selbstversuch – 4 Monate (fast) ohne Google – Teil 1 – zwiebelfunk.eu