Selbstversuch – 4 Monate (fast) ohne Google – Teil 1

Während meines Besuchs in Salzburg war ich in einem vietnamesischen Schnellrestaurant essen. Ich hab’s ganz ohne Google gefunden, es war nämlich genau gegenüber meiner Unterkunft. Ich saß mit einem Pärchen am Tisch, Wiener, also auch Touris, wie ich. Begeistert erzählten sie mir, was ich mir alles anschauen solle. Die beiden waren schon etwas älter als ich, also auch nicht unbedingt Digital Natives. Dennoch zückten sie irgendwann das Smartphone, um etwas nachzuschlagen, wozu ihnen aber im Moment die Details nicht einfallen wollten. „Ohne Google könnten wir heute gar nicht mehr leben“ meinte er daraufhin.

Ist das nicht erschreckend?

Ich muss vorausschicken, dass ich zwar Apfel-Fanboy … sorry Fangirl bin – und zwar nicht erst seit dem eiFon, sondern schon seit meinem ersten Apple Rechner, einem PowerBook G3 Pismo (das schönste Notebook, das Apple je gebaut hat, und das sich noch immer in meinem Besitz befindet) – dass ich aber dennoch ein großer Fan der Google Services war, und in gewisser Weise noch immer bin. Und weil ich auch nicht in blinder Ergebenheit allem hinterher hecheln möchte, was einen angebissenen Apfel trägt, habe ich neben meinen Apple Geräten immer auch Linux Computer sowie Android Telefone und Tablets. Ich war letztes Jahr kurz davor, mir eine Smartwatch mit Android Wear zu kaufen …

Ich war nun wirklich Hardcore Google Nutzerin. Warum? Weil die Produkte und Services einfach gut gemacht sind:
Auch auf meinem iPhone hatte ich die Google App installiert und den Assistenten Google Now intensiv genutzt. Google Mail hatte viele Jahre, das nervt nicht mit Speicherplatzlimit und hat einen toll funktionierenden Spam-Filter. Google Maps nutzte ich als Navi, auch für mir bekannte Strecken. Weil Google aufgrund der ganzen in Bewegung befindlichen Android-Telefone den Verkehr kennt, konnte mir Maps auch hier den einen oder anderen Streckenvorschlag machen, der mir ein paar Minuten Vorteil verschaffte. Vor etwa 4 Wochen musste ich schmerzlich erfahren, wie übel das Fehlen dieses Features sein kann. Ich war auf dem Weg zu einem Möbelladen, der mit dem Auto in etwa 15 Minuten zu erreichen ist. Dass ich zusätzlich 30 Minuten im Stau stand, hatte ich dem Navi zu verdanken, welches den Verkehr eben nicht kannte. Dabei hätte ich nur etwas früher von der Bundesstraße runter müssen, um die Baustelle und den Stau zu umfahren – Google hätte mir das gesagt.
Ich nutzte außerdem Google Keep für meine Notizen und Google Docs um Dokumente in der Cloud zu erstellen, speichern und zu teilen. Google+ fand ich immer besser als Facebook, und dass ich Hangouts auf mehreren Geräten problemlos nutzen konnte, machte es zu meinem Lieblings-Messenger. Google Translate – große Klasse, einfach nur die Kamera über einen Text halten und live wird im Bild der übersetzte Text angezeigt. Zudem hatte ich einen großen Teil meiner Fotos bei Google liegen – erst im letzten Jahr hat Google eine Suchfunktion vorgestellt, die auf einer ausgefeilten Analyse der Bilddaten basiert und ein Durchsuchen ermöglicht, ohne die Bilder selbst verschlagworten zu müssen. Die Fülle an digitalen Bildern, die wir heute machen, kann im Grunde niemand mehr manuell sortieren und verwalten.

Google löst also Probleme, vor die uns die digitale Welt mit ihrem rasenden Fortschritt stellt. Und sie machen das richtig gut. Und sie machen es für die Benutzer bequem. Und damit hatten sie mich, mit GUT und mit BEQUEM. Ich geb es unumwunden zu.

Doch irgendwo in meinem Bauch rumorte es schon eine Weile bei dem Gedanken, einer einzelnen Firma so viel Informationen über mich preiszugeben, und mich von einer Firma in einer solchen Weise abhängig zu machen. Meine Besuche bei Veranstaltungen des CCC [1] und mein erwachtes Interesse an Netzpolitik [2] [3] machten es nicht besser, aber den finalen Anstoß etwas zu ändern gab mir das Buch „Silicon Valley – Was aus dem mächtigsten Tal der Welt auf uns zukommt“.

Lange konnte auch ich mir nicht vorstellen, ohne Google zu leben, Mitte Dezember 2015 war es dann aber doch so weit, ich startete einen Selbstversuch. Mein iPhone zickte etwas rum und ich entschied mich, es komplett neu zu installieren – ohne Google Apps. Lest meine Erfahrungen damit im Teil 2.

[1] https://www.ccc.de
[2] https://netzpolitik.org
[3] http://logbuch-netzpolitik.de

1 thought on “Selbstversuch – 4 Monate (fast) ohne Google – Teil 1

  1. Pingback: Ein Leben ohne Google (?) – Teil 2 – zwiebelfunk.eu

Comments are closed.